Am Rande der Münsteraner Altstadt, nahe der Promenade auf der ehemaligen Stadtbefestigung realisiert das Büro hehnpohl architektur bda 2018 ein Wohnhaus. Wie selbstverständlich gliedert es sich in seiner radikal puristischen Architektur in die vorhandene Bebauung ein. Reduziert gehaltene Oberflächen und Öffnungen kennzeichnen seine moderne Gestalt, während es der historischen Umgebung Fluchtlinien, Maßstab, Dachform und Klinkerfassade abgewinnt.
Adresse/Anfahrt
Haus am Buddenturm
Münzstraße 20
48143 Münster
Anfahrt
„Das Haus ist in der Anmutung an historische Formen angelehnt, in der Gestalt zeitgenössisch und in der Ausführung erkennbar handwerklich hergestellt.“
Das Haus am Buddenturm steht in der Buddenstraße inmitten einer Reihe historischer giebelständiger Häuser. Als Baukörper orientiert sich der Neubau klar an den historischen Vorbildern und folgt wie sie der Urform des Hauses an sich. Auch mit den für die Fassade gewählten kohlegebrannten Handformziegeln schließt das Gebäude an die gewachsene Bebauung der westfälischen Altstadt an.
Durch das große Fenster im ersten Stock fällt der Blick auf den namensgebenden Buddenturm, der mit seiner runden Ziegelfassade eines der letzten verbliebenen, prägnant sichtbaren Zeichen der ehemaligen Stadtbefestigung von Münster aus dem 12. Jahrhundert darstellt. Die handwerkliche und unverfälschte Anmutung der Fassade ist den Architekt:innen wichtig. So kommen auch sämtliche Steine des Ringofen-Brandes zum Einsatz und nichts wird aussortiert. Nach dem Vermörteln der Ziegel wird die Fassade lediglich noch mit dem Besen gereinigt, um die Spuren des Handwerks nicht zu beseitigen.
Dinge einfach erscheinen lassen, die alles andere als einfach sind, das ist eine der Spezialitäten des jungen Architekturbüros aus Münster. Und das zeigen die Architekt:innen mit dem Haus am Buddenturm auch. Sie schaffen eine moderne, auf das Wesentliche reduzierte Architektur, die in aller Zurückhaltung dennoch so wirkt, als könnte sie immer dort gestanden haben.
Das gestalterische Motiv der Fassade leitet sich aus den Gegebenheiten des Ortes ab. Drei unterschiedliche Grundstücksfluchten kommen hier zusammen und finden ihren Widerhall in den drei nach oben hin immer weiter auskragenden Linienführungen der Fassade. Als würde sich das Haus aus der linken Gebäudekante heraus auffächern, laufen alle drei Linien an einer Seite zusammen. Mit ihrer plastischen Struktur ist die Fassade auch eine zeitgenössische Transformation der benachbarten historischen Fassaden, die mit traditionellen Geschossbändern und verputzten Sockelgeschossen ihre Dreigeschossigkeit nach außen spiegeln.
Die besondere Atmosphäre der Innenräume ist geprägt durch die Konzentration auf zwei Materialien – Holz und Sichtbeton – und durch den gekonnten Einsatz von Tageslicht. Der vor Ort geschalte Sichtbeton wurde roh belassen und nicht nachbearbeitet, sodass er durch Fugen und handwerklich bedingte Versätze eine skulpturale Wirkung bekommt, die ihn fast selbst zum Objekt werden lässt. Die nur geölten Eichenholzdielen setzen dazu den Kontrast, der den Räumen Wohnlichkeit verleiht.
Ungewöhnliche, aber gut gesetzte Dachverglasungen an den Traufen und im Firstbereich lassen indirektes Tageslicht tief ins Haus fallen. Für die Fenster- und Türgriffe ist das Modell FSB 1242 im Einsatz. Er sei in seiner Einfachheit fast poetisch, sagt der britische Architekt John Pawson über den sogenannten Reichsform-Drücker von Hans Poelzig, den er 2016 für FSB überarbeitet und in Bronze auflegt.
Im Haus am Buddenturm entsprechen die Griffe mit ihrer changierend matten Bronze-Oberfläche genau dem Konzept der materiellen Unverfälschtheit, das das Büro hehnpohl architektur bda in seiner architektonischen Arbeit vertritt. Die formale Klarheit und die Weichheit der Kanten des Modells unterstützt dabei den materiellen Eindruck und schafft so einen Einklang von Material und Form. Für ihr Werk werden die Architekt:innen unter anderem mit dem Häuser-des-Jahres-Award 2019 ausgezeichnet und von der Jury des Deutschen Ziegelpreises 2019 mit dem Sonderpreis ‚Bauen im historischen Kontext‘ bedacht.