Haus am Buddenturm, Münster
Hehnpohl Architektur

Am Rande der Müns­te­raner Alt­stadt, nahe der Pro­me­nade auf der ehe­ma­ligen Stadt­be­fes­ti­gung realisiert das Büro hehn­pohl archi­tektur bda 2018 ein Wohn­haus. Wie selbstverständlich gliedert es sich in seiner radikal puris­ti­schen Archi­tektur in die vor­han­dene Bebauung ein.­ Reduziert gehaltene Oberflächen und Öffnungen kennzeichnen seine moderne Gestalt, während es der historischen Umgebung Fluchtlinien, Maßstab, Dachform und Klinkerfassade abgewinnt.

Adresse/Anfahrt

Haus am Buddenturm
Münzstraße 20
48143 Münster
Anfahrt

„Das Haus ist in der Anmutung an historische Formen angelehnt, in der Gestalt zeitgenössisch und in der Ausführung erkennbar handwerklich hergestellt.“

Christian Pohl

Christian Pohl

© Kopfkunst-Metzdorf

Als hätte es immer dagestanden

Das Haus am Bud­den­turm steht in der Bud­den­straße inmitten einer Reihe his­to­ri­scher gie­bel­stän­diger Häuser. Als Bau­körper ori­en­tiert sich der Neubau klar an den his­to­ri­schen Vor­bil­dern und folgt wie sie der Urform des Hauses an sich. Auch mit den für die Fassade gewählten koh­le­ge­brannten Hand­form­zie­geln schließt das Gebäude an die gewach­sene Bebauung der westfälischen Altstadt an.

Durch das große Fenster im ersten Stock fällt der Blick auf den namens­ge­benden Bud­den­turm, der mit seiner runden Zie­gel­fas­sade eines der letzten ver­blie­benen, prä­gnant sicht­baren Zeichen der ehe­ma­ligen Stadt­be­fes­ti­gung von Münster aus dem 12. Jahr­hun­dert dar­stellt. Die hand­werk­liche und unver­fälschte Anmu­tung der Fassade ist den Archi­tekt:innen wichtig. So kommen auch sämtliche Steine des Ring­ofen-Brandes zum Einsatz und nichts wird aus­sor­tiert. Nach dem Ver­mör­teln der Ziegel wird die Fassade lediglich noch mit dem Besen gerei­nigt, um die Spuren des Hand­werks nicht zu besei­tigen.

Dinge einfach erscheinen lassen, die alles andere als einfach sind, das ist eine der Spezialitäten des jungen Archi­tek­tur­büros aus Münster. Und das zeigen die Architekt:innen mit dem Haus am Bud­den­turm auch. Sie schaffen eine moderne, auf das Wesent­liche redu­zierte Archi­tektur, die in aller Zurück­hal­tung dennoch so wirkt, als könnte sie immer dort gestanden haben.

© Roland Borgmann

Ein Haus mit drei Fluchten

Das gestal­te­ri­sche Motiv der Fassade leitet sich aus den Gege­ben­heiten des Ortes ab. Drei unter­schied­liche Grund­stücks­fluchten kommen hier zusammen und finden ihren Wider­hall in den drei nach oben hin immer weiter aus­kra­genden Lini­en­füh­rungen der Fassade. Als würde sich das Haus aus der linken Gebäu­de­kante heraus auf­fä­chern, laufen alle drei Linien an einer Seite zusammen. Mit ihrer plas­ti­schen Struktur ist die Fassade auch eine zeit­ge­nös­si­sche Trans­for­ma­tion der benach­barten his­to­ri­schen Fas­saden, die mit tra­di­tio­nellen Geschoss­bän­dern und ver­putzten Sockel­ge­schossen ihre Drei­ge­schos­sig­keit nach außen spie­geln.

Die beson­dere Atmo­sphäre der Innen­räume ist geprägt durch die Kon­zen­tra­tion auf zwei Mate­ria­lien – Holz und Sicht­beton – und durch den gekonnten Einsatz von Tages­licht. Der vor Ort geschalte Sicht­beton wurde roh belassen und nicht nach­be­ar­beitet, sodass er durch Fugen und hand­werk­lich bedingte Ver­sätze eine skulp­tu­rale Wirkung bekommt, die ihn fast selbst zum Objekt werden lässt. Die nur geölten Eichen­holz­dielen setzen dazu den Kon­trast, der den Räumen Wohn­lich­keit ver­leiht. 

Unge­wöhn­liche, aber gut gesetzte Dach­ver­gla­sungen an den Traufen und im First­be­reich lassen indi­rektes Tages­licht tief ins Haus fallen. Für die Fenster- und Tür­griffe ist das Modell FSB 1242 im Einsatz. Er sei in seiner Ein­fach­heit fast poe­tisch, sagt der bri­ti­sche Archi­tekt John Pawson über den soge­nannten Reichs­form-Drü­cker von Hans Poelzig, den er 2016 für FSB über­ar­beitet und in Bronze auf­legt.

Im Haus am Bud­den­turm ent­spre­chen die Griffe mit ihrer chan­gie­rend matten Bronze-Ober­fläche genau dem Konzept der mate­ri­ellen Unver­fälscht­heit, das das Büro hehn­pohl archi­tektur bda in seiner architektonischen Arbeit vertritt. Die formale Klar­heit und die Weich­heit der Kanten des Modells unter­stützt dabei den mate­ri­ellen Ein­druck und schafft so einen Ein­klang von Mate­rial und Form. Für ihr Werk werden die Archi­tekt:innen unter anderem mit dem Häuser-des-Jahres-Award 2019 ausgezeichnet und von der Jury des Deut­schen Zie­gel­preises 2019 mit dem Son­der­preis ‚Bauen im his­to­ri­schen Kontext‘ bedacht.

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