Das Faktorenhaus im sächsischen Schönbach wird 1785 errichtet, als die Leinenweberei noch die Oberlausitz prägt. So handelt auch sein Erbauer, ein Faktor, mit Garnen und anderer Ausrüstung für die Tuchmacherei. Als Atelier ST mit dem Umbau des alten Umgebindehauses beginnt, gehört es einem Möbelunternehmen. 2020 ist dessen denkmalgeschützter Sitz bereits modernisiert: Schon liegt im Dachboden die Trägerstruktur frei und Hechtgauben spenden Licht.
Das Oberlausitzer Bergland zieht sich als hügelige Landschaft östlich von Dresden bis nach Tschechien. In der Region ist eine Vielzahl alter Umgebindehäuser anzutreffen, die slawischen Blockbau und deutschen Fachwerkbau verbinden. Durch ihre traditionelle Anmutung gehören die oft prächtigen Bauten zu den touristisch bedeutenden Wahrzeichen des Oberlausitzer Berglands. Eines dieser Umgebindehäuser ist das Faktorenhaus in Schönbach, dem das Atelier ST eine Frischekur zuteilwerden lässt.
Umgebindehäuser bestehen meist aus einem massiven Sockel, auf den ein Fachwerk aus Holz aufgesetzt ist. Den Namen des Bautyps ‚Blockbau‘ prägt die sogenannte Blockstube im Erdgeschoss, die nicht Teil des Steinmauerwerks ist, sondern aus einer umbindenden Stützenkonstruktion aus Holz und einer dahinterliegenden Stube mit Wänden in Blockbauweise besteht.
Die Blockstube behält mit Atelier ST ihre besondere Bedeutung im Faktorenhaus. Als halböffentlicher Ort ist sie Raum für Seminare, bei denen die Belegschaft des Unternehmens oder auch Hauskund:innen die Möglichkeit erhalten, gemeinsam mit einem Koch ganze Menüs zuzubereiten. Die Atmosphäre des Raums basiert auf der umsichtigen, denkmalgerechten Aufarbeitung der ursprünglichen Architektur, die mit einem modernen, rohstahlverkleideten Kamin und gradlinigen Möbeln kontrastiert.
Ziel von Atelier ST ist es, das Ursprungsbild des Hauses zu bewahren und es gleichzeitig mit den neuen Nutzungsszenarien in Übereinstimmung zu bringen. Zuerst sind große Fensteröffnungen für das Dach im Gespräch, die der Denkmalschutz als zentrales Kriterium allerdings ausschließt. So entsteht als Lösung für mehr Licht die langgezogene Hechtgaube mit ihrer Reihung kleiner Fenster. Sie geht gestalterisch auf die Fledermausgauben ein und lässt den Gesamtanblick weiter authentisch wirken.
So hält der äußere Anschein den großen Coup der Architekt:innen geheim: Ihr eigentliches Wirken trifft die Ankommenden unerwartet. Beim Eintreten überrascht die Höhe der Räume, die Weite und Helligkeit, die Atelier ST unter anderem durch eine großflächige Öffnung des Dachbodens erreicht. Dabei prägen das freigelegte Fachwerk und die Dachkonstruktion die Räume und erzählen von der Tuchhändler-Vergangenheit. Ganz in Weiß gehalten, bilden die Räume den historischen Rahmen für die neue Nutzung, die mit kräftigen Farben und modernen Materialien Einzug hält.
Der gewählte Tür- und Fenstergriff des Modells FSB 1102 geht zurück auf ein Redesign von Alessandro Mendini, der 1986 den bekannten Gropius-Türdrücker neu gestaltet. Das Modell FSB 1102 ist in drei Materialitäten erhältlich. Im Faktorenhaus werden die Griffe in Bronze dunkel patiniert verbaut, da sie so im Sinne der Architekt:innen das Symbiotische im Umgang mit dem Bestand unterstreichen und gleichwohl Wertigkeit, Zeitlosigkeit und Eleganz generieren. Für die Schiebetüren findet die Einlassmuschel FSB 42 4250 Anwendung – ebenfalls in dunkel patinierter Bronze.