2019 setzt das Büro David Chipperfield Architectsden städtebaulichen Schlussstein der Museumsinsel in Berlin. Die James-Simon-Galerie erfüllt mit ihren Kolonnaden und Treppenaufgängen eine vermeintlich profane Funktion: Sie dient den historischen Museen der Insel als zentrales Eingangsgebäude und Servicezentrum. Mit der Archäologischen Promenade bereitet sie eine teils ober-, teils unterirdisch verlaufende Verbindung der Ausstellungshäuser vor.
Adresse/Anfahrt
James-Simon-Galerie
Bodestraße 1-3
10178 Berlin
Anfahrt
„Die James-Simon-Galerie ist ein Gebäude und zugleich ein öffentlicher Ort. Seine Existenz verdankt der Bau seinen Funktionen und Einrichtungen für das museologische Programm, seine Aufgabe liegt jedoch darin, die stadträumlichen Beziehungen und den Zugang zur Museumsinsel zu reorganisieren.“
Die James-Simon-Galerie auf der Berliner Museumsinsel ist ein ungewöhnliches Haus. Lange wird es von seiner Bauherrin, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, schlicht als „Eingangsgebäude“ bezeichnet. Die Öffentlichkeit kennt es auch als „teuerste Garderobe der Welt“. Denn: Das Gebäude der David Chipperfield Architects hält alles vor, was in den fünf Museen auf der Museumsinsel vorläufig fehlt oder nicht ausreichend vorhanden ist: ein Auditorium, einen Wechselausstellungssaal, ein Café, einen Shop, Ticketkassen, Toiletten – und Garderoben.
Der ungewöhnliche Neubau ähnelt in seiner Funktion der Glaspyramide im Innenhof des Louvre in Paris. Der gläserne Bau von Ieoh Ming Pei aus den 1980er-Jahren umschließt seinerseits einen Museumskomplex und leitet die Besucher:innenströme durch sämtliche Servicestationen. Dabei bleibt die ikonische Glaspyramide des Louvre eine introvertierte Architektur, die die Museumsgäste von der Stadt isoliert.
Die strahlend helle James-Simon-Galerie spielt dagegen ihren verbindenden Charakter aus. Ihre schlanken Kolonnaden greifen die klassizistischen Kolonnaden auf und führen sie weiter. Auch die Motive der Freitreppe und des überhohen Sockels nehmen Verbindung mit der Nachbarschaft auf. Ihre prominenten Gestalter sind: Karl Friedrich Schinkel, Friedrich August Stüler und Alfred Messel. Eine weitere Verbindung stellt die James-Simon-Galerie als Ausgangspunkt der Archäologischen Promenade her: Sie verbindet die großen Museen durch einen Gang.
Dank großzügiger Treppen und Foyers werden die Museumsgäste zu Flaneuren, die durch das Haus spazieren – und nebenbei Ausstellungskataloge kaufen oder Audioguides ausleihen können. Ein Höhepunkt ist die Terrasse, die das Haus im Obergeschoss rahmt. Hier wird im Sommer Kaffee getrunken und von hier aus bieten sich ganz neue Ausblicke auf die Umgebung: auf Kupfergraben, Altes Museum, Lustgarten und auf das wiederaufgebaute Schloss. Selbst Berliner:innen entdecken ihre Stadt aus dieser Perspektive noch einmal neu, gerahmt durch die Stützen der Kolonnaden. Hier löst sich auch der Anspruch der David Chipperfield Architectsein, mit dem Haus die Kultur und den öffentlichen Raum zu feiern. Aus gutem Grund erinnert die James-Simon-Galerie in ihrem Gestus an einen antiken Tempel.
Den Namensgeber der James-Simon-Galerie umgibt eine ähnliche Aura des Kostbaren: James Simon ist ein bedeutender Kunstmäzen im Berlin der Kaiserzeit. Er übereignet dem Ägyptischen Museum auf der Museumsinsel 1920 ein weltbekanntes Exponat: die Büste der Nofretete.
In ihrer Architektursprache ist die James-Simon-Galerie zeitgenössisch-nüchtern mit klaren Kubaturen und viel Beton. Besondere Aufmerksamkeit lassen die David Chipperfield Architects den Materialien und Oberflächen zukommen: Außen fällt der feine Betonwerkstein der Fassaden und Kolonnaden auf. Er ist von Hand sandgestrahlt. Innen werden die Museumsgäste von einer hinterleuchteten Wand aus dünnem Marmor und Einbauten und Verkleidungen aus Nussholz empfangen. Die Beschläge sind aus patinierter und gewachster Bronze, aus dem von David Chipperfield selbst entworfenen Programm FSB 1004. Bis in die Details ein ungewöhnliches Haus!