Gläserne Hochhäuser prägen die Bankenviertel von Frankfurt am Main bis New York. Aber nicht so in Bremen – in der Hansestadt dominieren roter Sandstein und dunkler Klinker das Bankenviertel am Domshof. 2016 ergänzt das Londoner Büro Caruso St John Architects die denkmalgeschützte Umgebung um einen repräsentativen Neubau: die Bremer Landesbank. Sie ist das in Klinker gehüllte Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem historischen Gebäudetyp ‚Bank‘.
„Wir waren die einzigen Nicht-Deutschen, die am Wettbewerb teilgenommen hatten, und wir waren die Einzigen, die ein Backsteingebäude vorschlugen – mitten in Bremen! Das war natürlich eine Überraschung. Warum sollte man […] dort eine Bank mit einer weißen Putzfassade bauen? Die Aufgabe von Architekt:innen ist es doch, Gebäude zu schaffen, die in ihrem Kontext bedeutsam sind.“
Die neue Bremer Landesbank (BLB) von Caruso St John Architects befindet sich unweit des UNESCO-Welterbes Bremer Rathaus und Roland. Trotz seiner expressiven Gestalt fügt sich das fünfgeschossige Klinkergebäude mit Staffelgeschoss und gleichmäßig gewellter Fassade wie selbstverständlich in den historischen Stadtraum ein. Daran wirkt auch der Backstein mit: Ob Weser-Renaissance, Backstein-Expressionismus oder Nachkriegsmoderne, stets kommt er in Bremen zum Einsatz. Auch beim früheren Sitz der Landesbank aus den 1970er-Jahren, den der Neubau ersetzt.
Jenseits des Materials finden sich weitere Referenzen an ikonische Bauten aus der näheren Umgebung. Die Staffelung der Fassade und die Gliederung der Fenster erinnern an das Haus der Bremer Stadtwaage. Zwischen den konvexen Wölbungen in Backstein, die sich in den oberen Staffelgeschossen ins Konkave kehren, ziehen sich Lisenen in die Vertikale. Diese gotische Anmutung ist dem nordischen Renaissancestil des Rathauses entlehnt.
Eindrücklichstes Element des Eckhauses an der Westseite des Domshofs ist der Eingang in Form eines zwei Geschosse übergreifenden, massiv wirkenden Quaders. Statt herrschaftlicher Säulen, die früher die Eingänge traditionsreicher Geldhäuser säumten, betont ein stilisiertes Stufenportal den Eingang. Was außen wie ein Durchgang durch einen massiven Block wirkt, entpuppt sich im Innern als optische Täuschung. Der Eingang wird zu einer nach innen gestülpten Skulptur, die sich stufenweise in den Foyerraum verjüngt.
© Hélène Binet
Die Caruso St John Architects aus London verfolgen eine Architektur, die stets eng mit ihrer jeweiligen Umgebung im Dialog steht. Ihre Arbeit ist geprägt von einer ständigen Auseinandersetzung mit der europäischen Stadt und deren Architektur-, Kunst- und Kulturgeschichte. Diese Herangehensweise bringt einen Gewinn an Dichte und Ausdruckskraft hervor. Es entsteht ein Dialog mit der gewachsenen Umgebung und Neues integriert sich tief in die bestehenden Strukturen.
Die Identität des Geldinstituts ist nicht nur in den Fassaden erkennbar, sondern auch im öffentlichen Interieur: Beim Betreten der Kassenhalle fällt der 12 Meter lange Tresen aus gebeizter und gerauchter Eiche dahingehend auf. Neben Holztönen dominieren weiße Wände und der Steinboden die Innenräume. Die in den Niederlanden beliebten Türgriffe des Modells FSB 1015 nach einem Design von Johannes Potente runden den durchweg von klaren Formen geprägten nordischen Charme der Innenraumgestaltung ab.
Für die Architekt:innen beginnt 2011 mit dem Entwurf eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Gebäudetypologie der Bank. So holen sie einen ovalen Innenhof als halböffentlichen Vorplatz in das Gebäude hinein. Tagsüber ist der zum Himmel offene Platz für alle zugänglich. Eine einfache und großzügige Geste, mit der der Hof zudem eine Schwellenfunktion für die Bankbüros übernimmt. Alle Arbeitsräume sind natürlich belichtet und öffnen sich entweder nach außen hin zur Stadt oder in den Hof hinein. Highlight für die Mitarbeiter:innen und Privatkund:innen der Bank: die Empfangsräume und das Personalrestaurant auf oberster Etage mit Blick über die Dächer der Bremer Innenstadt.