Carré am Schinkelplatz, Berlin
Staab Architekten, Steidle Architekten, Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur
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Drei renommierte Architekturbüros entwerfen Gebäude am Schinkelplatz
Es gibt in Berlin wohl kaum einen architekturhistorisch bedeutenderen Bauplatz als diesen: Der nach dem prägenden Berliner Architekten benannte Schinkelplatz liegt in unmittelbarer Nähe der Prachtstraße Unter den Linden, des alten und neuen Berliner Stadtschlosses und der Friedrichswerderschen Kirche, einem Hauptwerk des preußischen Baumeisters. Und auch das Baufeld eines anderen architektonischen Meilensteins von Karl Friedrich Schinkel grenzt an den Platz: das der Bauakademie, deren Rekonstruktion in Aussicht steht. Nun wurden hier mitten in der Mitte Berlins vier Wohn- und ein Bürogebäude fertiggestellt, die die typische Blockstruktur aufnehmen und damit eine der letzten verbliebenen Lücken im historischen Zentrum schließen. Für die Gestaltung zeichnen drei renommierte deutsche Architekturbüros verantwortlich: Staab Architekten, Steidle Architekten sowie Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur.
Den Auftakt des Ensembles bildet, von der Straße Unter den Linden kommend, das Geschäftshaus von Staab Architekten aus Berlin. Das Bürogebäude beeindruckt durch das Spiel aus Reduktion und Ornament und die behutsam hergestellte Balance aus klassischen und zeitgenössischen Motiven. Volker Staab nutzt die Fassade, um den Betrachtenden in ein kluges Spiel aus Perspektive und Wahrnehmung hineinzuziehen: Erscheint die Fassade aus der Ferne noch als Lochfassade mit Stuckrahmen, treten bei näherer Betrachtung die Details hervor, die dem Gebäude seine Vielschichtigkeit geben. Die Außenhülle wurde aus geschlemmten Beton gefertigt und mit einem an die Bossierung historischer Sockelgeschosse erinnernden Relief versehen, das sich nach oben von Etage zu Etage mehr verflüchtigt und in eine glatte Oberfläche übergeht. Gegliedert ist die Fassade durch geschossweise Gesimse, die dem Bau seine horizontale Ausrichtung geben.
Die Fenster sind von glatten, in die Fassade übergehenden Faschen gerahmt, deren Breite zugunsten eines größer werdenden Glasanteils nach oben hin abnimmt. Auch die Laibungstiefe reduziert sich: Während die Fenster in den unteren Etagen in das Volumen eingedrückt sind, sitzen sie in der obersten Etage bündig in der Betonhülle. Durch die Detaillierung gelingt es Staab Architekten, dem Bürohaus die Schwere des steinernen Volumens zu nehmen und ihm eine wohltuende Lebendigkeit zu verleihen: eine gelungene, weil behutsame Mischung aus Form, Material und Ornament.
Staab Architekten, Steidle Architekten sowie Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur setzten sich in Wettbewerbsverfahren gegen internationale Konkurrenz durch. Alle drei Büros gehen mit ihren Bauten auf sensible Weise auf den unmittelbaren Kontext ein, der durch repräsentative Solitäre und Kulturbauten geprägt ist und verzichten auf große architektonische Gesten: Erst im Detail zeigen sich der zeitgenössische Charakter sowie die Vielschichtigkeit der Entwürfe.
Die zwei am Schinkelplatz anschließenden Stadthäuser wurden von dem Münchner Büro Steidle Architekten entworfen. Auch hier wurde auf allzu auftrumpfende Gesten verzichtet und klassische Motive in eine zeitgemäße Architektursprache übertragen. Schon die Konstruktion der Wohnhäuser knüpft an die Bautradition Schinkels an: Beide Wohngebäude wurden in monolithischer Ziegelbauweise errichtet und anschließend grau verputzt. Ihre Farbgebung unterscheidet sich minimal – ansonsten verzichteten die Architekt:innen auf weitere Unterscheidungen, auch die Fassadengliederung ergibt sich ausschließlich aus der inneren Logik heraus. Das Sockelgeschoss mit seinen öffentlichen und gewerblichen Nutzungen wird von den Planern durch raumhohe Fenster betont, deren Rahmen aus Baubronze gefertigt wurden. Die darüber liegenden Wohnungen zeichnen sich ebenfalls durch große Fensteröffnungen in der Fassade ab: Ihre Rahmung durch in den Putz eingelassene, bildartige Vertiefungen dient als Bezug zum gegenüberliegenden Schloss.
Den Abschluss des Ensembles bilden zwei weitere Stadthäuser zur rückseitigen Niederlagstraße, die Kommandatenhaus, Kronprinzenpalais und Friedrichswerderscher Kirche verbindet: Eines wurde von Steidle Architekten und eines vom Berliner Büro Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur entworfen. Während das Wohnhaus der Münchner Planer eine ähnlich reduzierte Gestalt wie seine beiden zur Vorderseite gewandten Geschwisterbauten aufweist, verfügt das Haus von Brenner über deutlich mehr Ornamentik.
Die ebenfalls in Mauerwerk und grauem Putz ausgeführte Fassade ist durch liegende und dreigeteilte Fensterformate geprägt: Dabei klappen die äußeren Glasflächen nach innen und bilden so eine gefaltet wirkende Oberfläche. Das Thema Putz wird von den Berliner Architekt:innen ebenfalls gestalterisch variiert: Zwischen den Fensterbändern laufen schmale Ornamentfelder, die leicht nach hinten springen. Ein schönes Zusammenspiel aus Form und Material.
Neben den hochwertigen Oberflächen und traditionellen Bauweisen der Lochfassaden eint die fünf Häuser die Auswahl auserlesener Materialien im Inneren, die dem klassisch-zurückhaltenden Tenor des äußeren Erscheinungsbildes folgen. Handläufe aus Holz sowie Beschläge aus Bronze und Edelstahl fügen sich in das Gesamtbild des Ensembles ein. Bei den Tür- und Fenstergriffen verwendeten alle drei Planungsbüros die Produktfamilie FSB 1106, die von dem Frankfurter Architekten Christoph Mäckler entworfen wurde. Die klassische Formensprache der ausgewählten Beschläge mit leichten Rundungen folgt dem architektonischen Konzept, traditionelle und zeitgemäße Stilelemente an einem stadthistorisch bedeutenden Ort Berlins zusammenzuführen.
Objektdetails
Fotos: Marcus Ebener