Conrad Dreyer

Otl Aicher A-Z + KI

“Erst über die Philosophie hinter Rastern habe ich erkennen können, wie weit Aichers Lebenswerk Anstoß bis in die heutige Zeit gibt.”

Basisfragen

Conrad Dreyer

Die Einstellungen und das gestalterische Selbstverständnis Aichers („Ich bin kein Firmenanstreicher“) als Basis nehmen, um einen Leitfaden für junge Gestalter herauszugeben, der sich den Fragen stellt:

  • Wie trete ich Kunden gegenüber auf?
  • Wie kann ich meine Expertise nach außen kehren?
  • Wie kann ich die Attitude Aichers in den heutigen Kontext schnellen, billigen Designs stellen und mich mit meinen Ansprüchen durchsetzen?
  • Wie werde ich von Kunden als gleichberechtigt wahrgenommen?

Eine Frage des Rasters

Daraus entwickelte sich schnell die Idee, eine Art Branding-Konzept zu entwickeln, das gleichermaßen die obigen Fragen beantwortet, wie zu einem guten Produkt führt. Jedoch: Sowas gibt es schon, es ist ein unglaublich umfangreiches Unterfangen und ein solches Werk zusammenzutragen würde den Rahmen des Kurses, möglicherweise gar des Studiums sprengen.

Danach kamen Ideen auf, ob man eine interaktive Website zu Fakten aus Aichers Leben macht, aber um ehrlich zu sein, kann man dafür auch Wikipedia lesen. Aber daraus bildete sich der zündende Gedanke: Ein Kurzporträt über Otl Aicher, das die wichtigsten Punkte seines Lebens anekdotisch abbildet. Das Kurzporträt sollte in Form eines kleinen Hefts daherkommen und sich an den Buchstaben des Alphabets entlanghangeln: quasi eine Art Mini-Enzyklopädie zu Aicher, mit nur einem Punkt pro Buchstaben. So war Aicher A-Z geboren.

Kurz stand die Überlegung im Raum, die Einträge lieber als Karten herauszugeben, um sie mischen und sich inspirieren lassen zu können. Doch am Ende sollte es ein zusammenhängendes Kurzporträt werden: Jeweils 1-2 prägnante Sätze zu dem mit dem jeweiligen Buchstaben verknüpften Wort. Auch die Idee, jeden Buchstaben als Zine mit mehreren Begriffen herauszugeben, kam auf, doch auch das wirkte nicht zusammenhängend und kompakt genug für die Thematik Aicher.

Besonders schwierig war es, Worte zu den Buchstaben J und Q zu finden, doch bin ich mit dem Endergebnis „Jahre“, um Aichers Leben in Jahreszahlen zu fassen, und „Quadrat“, die Grundlage seines Piktogrammrasters, sehr zufrieden.

Ich muss gestehen, dass mir die Worte jedoch erst in allerletzter Sekunde in den Sinn gekommen sind. Jeder Buchstabe sollte auch bebildert werden. Dazu wollte ich zunächst allgemein verfügbares Bildmaterial durch den Illustrator Nachzeichner so verändern, dass es nicht mehr dem Copyright unterliegt. Diese Idee entpuppte sich jedoch schnell als sehr langweilig und nicht besonders innovativ oder visionär. Kurzum: Sie war zu schnöde für ein Werk über einen Mann von Aichers Kaliber.

Auf der Suche nach Alternativen kam ich auf die Idee, Bilder aus Rastern zu erstellen. Doch welche Raster nimmt man für diese Aufgabe? Sollte jeder Buchstabe ein eigenes Raster bekommen? Irgendwann war ich an dem Punkt, das Konzept des Rasters philosophisch zu hinterfragen. Was ist überhaupt ein Raster? Wie kann man „durchs Raster fallen“? Ist ein Raster nicht bloß eine Interpretationsweise vorgegebener Inhalte?

Ergebnisse der KI Midjourney zu verschiedenen Abfragen: je Suchbegriff werden insgesamt vier Entwürfe vorgeschlagen, von denen einer zur weiteren Bearbeitung ausgewählt werden kann (1).
© Conrad Dreyer

Ergebnisse der KI Midjourney zu verschiedenen Abfragen: je Suchbegriff werden insgesamt vier Entwürfe vorgeschlagen, von denen einer zur weiteren Bearbeitung ausgewählt werden kann (2).
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Ergebnisse der KI Midjourney zu verschiedenen Abfragen: je Suchbegriff werden insgesamt vier Entwürfe vorgeschlagen, von denen einer zur weiteren Bearbeitung ausgewählt werden kann (3).
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Ergebnisse der KI Midjourney zu verschiedenen Abfragen: je Suchbegriff werden insgesamt vier Entwürfe vorgeschlagen, von denen einer zur weiteren Bearbeitung ausgewählt werden kann (4).
© Conrad Dreyer

KI – das Raster der Zukunft

Dieser letzten Frage folgte ein Geistesblitz: Künstliche Intelligenzen werden mit Daten aus der echten Welt gefüttert und interpretieren dann die Abfrage ihrer Nutzer:innen im Hinblick auf das, was sie sich antrainiert haben. Eine KI nutzt das Wissen ihres Trainingsdatenbestandes als Raster zur Interpretation ihrer Aufgaben. Eine KI rastert, bzw. ist das Raster der Gegenwart und – mit weiterer Verbreitung der Technologie – auch der Zukunft!

Insofern war es naheliegend, das Bildmaterial von einer KI erstellen zu lassen, die sich als Trainingsdatenbestand das gesamte Internet anschauen kann. Glücklicherweise gibt es mit „Midjourney“ genau solch eine KI, die auch noch bequem per Discord-Bot bedienbar ist. Der Discord-Bot funktioniert nach dem immer gleichen Schema: Mit dem Befehl /imagine kann der KI aufgetragen werden, sich ein Bild vorzustellen. Die danach in der prompt eingegebenen Werten werden dann interpretiert und die KI erstellt ein möglichst passendes Bild. Durch Verfeinerungen in der Abfrage und iteratives Auswählen guter Entwürfe kann man sich so zu fast jedem Thema Bilder ausgeben lassen.

Jedoch musste ich feststellen, dass einige Begriffe gesperrt sind. So konnte ich zum Buchstaben „N“ und dem Wort „Nationalsozialismus“ keine Bilder generieren lassen. Ich habe die Seite im Heft entsprechend anders gestaltet. Die Abfragen lieferten nicht immer das, was ich mir davon versprochen hatte. Doch die Ergebnisse waren zu Teilen so künstlerisch und skurril, dass ich mir selbst die Beschränkung auflegte, maximal eine Iteration oder eine andere Abfrage pro Buchstaben durchzuführen.

Ich wollte ja dem Raster der KI nicht meine Sichtweise aufzwingen, sondern meine Fragen durch das Raster des digitalisierten Wissens der Menschheit neu interpretieren lassen. Im Folgenden werden die Abfragen und Bilder gezeigt. Wichtig: Midjourney gibt stets 4 Entwürfe aus, aus denen man sich einen zum Weiteriterieren aussuchen kann. Etwaige Links führen zu Bildern, die der KI als Inspiration dienen sollen.

Das Heft „Otl Aicher A-Z + KI“ lädt zum Durchblättern ein.
© Conrad Dreyer