Hizkia Wibisana

E-021

„Die Türklinken, die in Massenproduktion hergestellt werden und überall im Alltag zu sehen sind, sind nicht auf Behinderungen oder eingeschränkte Nutzung der Hände ausgelegt.“

Von Griffen, die unmöglich sind

Hizkia Wibisana

Zu Beginn wollte ich mir ein umfassendes Bild von den unterschiedlichen Türformaten in Bezug auf ihre Verwendung und Funktionalität machen. Während der Recherche interessierte ich mich besonders für einen Öffnungs- und Schließmechanismus, der häufig im Möbelbau der 1960er verwendet wurde: Die Rolltür.

Diese versuchte ich durch den Bau eines Modells aus drei Holzstücken, einer Sushi- und Küchenpapierrolle besser zu verstehen. Ich spürte, dass ich noch weitere Mechanismen für mich entdecken wollte und ging nach draußen, den Blick auf alles gerichtet, was geöffnet und geschlossen werden kann. Durch Zufall stieß ich auf etwas, auf das ich meinen Fokus richten wollte: Ich öffnete meine Garage, mit einem Mechanismus, der als Zugangskontrolle bekannt ist. Sie fragt ab, wer zu welcher Zeit wo ein- und ausgeht. Ich hatte in diesem Fall einen Zugangscode, der mir das Öffnen des Garagenschlosses ermöglichte.

Dabei kam mir eine Idee, basierend auf einer oft erlebten Situation, in der das Eintreten nicht so leicht ist: Ich habe die Hände voll mit prallgefüllten Einkaufstüten. Entweder muss ich zum Öffnen den Einkauf abstellen oder aber die Tür mit meinem Körpergewicht aufstoßen und hoffen, dass mein Einkauf nicht meinen Händen fällt. Beides ist nervig. Wie wäre es also mit einem Öffnungsmechanismus, den man mit dem Ellenbogen betätigen kann? Gestützt wurde die Idee durch eine Information, auf welche ich bei meiner Recherche stieß: 39 Prozent der Weltbevölkerung haben eine körperliche Behinderung.

Die Türklinken, die in Massenproduktion hergestellt werden und überall im Alltag zu sehen sind, sind nicht auf Behinderungen oder eingeschränkte Nutzung der Hände ausgelegt. Das macht es Menschen mit Behinderung schwer, wenn nicht sogar unmöglich, eine Tür zu öffnen.

Last but not least: Die letzten Jahre, in denen die Corona-Pandemie wütete, haben gezeigt, dass die Hand nicht immer die beste Option ist – ich beobachtete viele Menschen, wie sich angewöhnten, eine Tür mit dem Ellenbogen zu öffnen.

Entwürfe mit Karton und Styropor

Tausend Skizzen, vier Ansätze und ein Griff

3D Visualisierungen einer Türgriffunterstützung

Ich begann mit tausend Skizzen, wobei eine Idee hängen blieb: Eine Türgriffunterstützung in 3D zu drucken, die mit dem originalen Türgriff selbst verbunden ist. Zuvor experimentierte ich mit Karton und Styropor, um herauszufinden, wie man eine Tür am bequemsten mit dem Ellenbogen öffnen kann.

Das war eine Herausforderung, da ich die Form an einer bestehenden Türklinke befestigen können musste. Ich machte also einen Schritt zurück und besann mich auf meine Skizzen. Mit diesen Skizzen ging ich dann direkt in die 3D-Visualisierung mit dem Programm Blender.

Das Ergebnis, das hier abgebildet ist, macht mich zufrieden und gab mir den Startschuss in die letzte Phase des Projekts. Ich überlegte mir vier alternative Ansätze und Designs für einen Griff, der das Öffnen einer Tür sowohl mit der Hand als auch mit dem Ellenbogen möglich macht. Diese Ansätze setzte ich in 1:1 Prototypen im 3D-Druckverfahren um. Ich besorgte Titanrahmen und ein gummiartiges Material mit der Bezeichnung TPU95A, das sich um den Rahmen wickelt. Durch die Spannung, die das Filament erzeugt, entsteht der Druckpunkt, der ausschlaggebend für das Öffnen einer Tür mit einem Griff ist.

Erkenntnis: Es geht auch anders

Während der Recherche lernte ich viel über die Persönlichkeit und das Schaffen Otl Aichers. Sein 100. Geburtstagsjubiläum ist auch der Anlass für dieses Projekt, das in Zusammenarbeit mit FSB realisiert wird.

Was mich besonders faszinierte, war sein Buch „Hand und Griff“, sein Studium der menschlichen Hand, um einen perfekten Türgriff zu entwerfen, den man intuitiv mit den Händen greifen kann. Doch nicht nur das, letztendlich war es auch sein Pioniergeist, sein Mut seiner eigenen Sicht auf die Dinge eine Form zu geben.

Ich denke, Otl Aicher hätte die Frage gefallen, die mich durch mein Projekt leitete: Weshalb soll ich eine Tür nur mit der Hand öffnen können? Warum nicht auch mit dem Ellenbogen?

Prototypen im 3D-Druckverfahren

Präsentation von E-021

3D Visualisierungen einer Türgriffunterstützung

3D Visualisierungen einer Türgriffunterstützung