Cara Bremen

reaching through

„Otl Aicher sprach oft davon, dass man Dinge, die man häufig braucht in unmittelbarer Reichweite haben und andere, weniger häufig genutzte Gegenstände ordentlich verpackt aufbewahren sollte (…). Diesen Gedanken fand ich spannend. Und mehr noch: Ich wollte ihn in mein Projekt integrieren.“

Von wegen barrierefrei

Cara Bremen

Bei den Recherchen für das Projekt „In and Out“ habe ich mich vor allem mit Umständen beschäftigt, die Menschen mit einer Behinderung und/oder einer chronischen Krankheit in Bezug auf die Nutzung von Türen haben. Ich mochte die Idee, Türen für eine Vielzahl von Menschen so zugänglich wie nur möglich zu machen und es freute mich, dass bereits viel zu diesem Thema geforscht wurde.

Bei der Suche nach bereits bestehenden Richtlinien stieß ich auf den americans with disabilities act (ada). Der ada ist ein amerikanisches Gesetz, das darauf abzielt, die Bürgerrechte von Menschen mit Behinderungen in den Vereinigten Staaten von Amerika zu schützen. Es stellt bestimmte Anforderungen, die in einer Vielzahl von Lebensbereichen erfüllt werden müssen. Das betrifft auch Türen.

Für diese gibt es bereits Vorgaben wie etwa Türhöhe, die Platzierung der Griffe, sowie die Breite und die Schließgeschwindigkeit. Das fand ich so interessant, dass ich diese Anforderungen mit in mein behindertengerechtes Design übertragen wollte. Denn auch das Ada-Gesetz deckt noch immer nicht alle Bereiche ab, die es bräuchte, um den Menschen mit Behinderung alle Räume zugänglich zu machen.

Weiterführend widmete ich mich hauptsächlich den Händen und dem Konzept des Greifens. Das war eine Entscheidung, die durch Otl Aichers Text „Greifen mit der Hand und dem Geist" beeinflusst wurde, der unter anderem auf die Mechanik des Greifens eingeht.

Deshalb wählte ich vier Krankheiten, die beim Öffnen von Türen Probleme bereiten können: Parkinson, Schlaganfall, altersbedingter Muskelschwund und erworbene oder angeborene Gliedmaßenunterschiede. Alle diese Krankheiten haben die Eigenschaft, dass das Greifen unmöglich wird, dabei variieren sie in ihrer Schwere, ihrer Dauer und weiteren Auswirkungen. Letztere sind allerdings so vielfältig, dass es nicht zu einem Entwurf kam, der alle Bedürfnisse und Unterschiede deckeln konnte.

Mir war das Thema Barrierefreiheit aber dennoch wichtig, also sah ich mich nach einem Alternativthema um und fand es im Bereich der Gastronomie. Ich wollte Türen entwerfen, die den Arbeitenden in diesem Bereich den Weg von und zur Küche erleichtern würden, da diese meist die Hände und Arme voll Geschirr haben und dabei auch noch unter Zeitdruck stehen.

Die Tür mit Tisch und Haken

Ich stieß im Prozess auf das Modell von Johann Schäfer, der in seinem Türentwurf sowohl Fenster als auch eine variable Geschirrablage berücksichtigte. Diesen Gedanken wollte ich übernehmen, aber weiterführen. Mir kam die Idee eines Tischs, den man aus dem Fenster der Küchentür ziehen konnte und welcher zusätzlich eine Art Metallgeländer haben würde. An dieses sollte man Vorrichtungen hängen können, die den Ablauf erleichtern: Haken für Handtücher oder einen Eimer für Lebensmittelabfälle beispielsweise.

Bezogen auf das Design entschied ich mich für halbgerundete Ecken und eine leicht dezentrierte Positionierung, damit die Tür trotzdem vollumfänglich geöffnet werden kann. Das Geländer sollte einen Griff haben, der zeigt, wo man den Tisch herunterklappen kann. Letzten Endes entschied ich mich für eine Lösung aus Holz, die das Gesamtbild nicht stören und sich nahtlos in die Optik der Tür einfügen würde.

Lediglich der Griff sollte ein weicheres Material besitzen, um seine Funktion eindeutiger aufzuzeigen. Da das finale Modell aus Holz nicht im vorgegeben Zeitrahmen realisiert werden konnte, wurde alternativ eine 10 mm dicke Kapalintür in voller Größe mit einem Arbeitstisch verwendet. Dieses Material wich von der Holzbeschaffenheit ab, weshalb leichte Änderungen am Kippmechanismus und an der Stützstruktur des Tisches vorgenommen wurden.

Skizzen der Ideenfindung

Ähnlich, aber nicht gleich

Obwohl ich nicht absichtlich nach der Designphilosophie von Otl Aicher entworfen habe, ist es unverkennbar, dass mein endgültiger Entwurf Ähnlichkeiten zu seinem Ansatz aufweist.

Besonders in "Die Küche zum Kochen - Studie für bulthaup" kann man Metallrahmen sehen, an denen Haken mit Werkzeugen hängen. Das Regal und die Haken, die mein eigenes Modell aufweist, ähneln dieser Idee sehr.

Drei Modi des finalen Modells (1)

Drei Modi des finalen Modells (2)

Drei Modi des finalen Modells (3)

Präsentation von „reaching through“