Antonia Hecker
händy
„Ein Türgriff kann eine Menge verraten. Nicht selten kann man zum Beispiel anhand seiner Form erkennen, was für ein Geschäft man betritt.“
Der Griff nach einer Brezel
Am Anfang des Projekts „In and Out“ beschäftigten wir uns mit den allgemeinen Prinzipien des Ein- und Ausgehens. Wir fanden schnell heraus, dass es viel mehr Wege gibt, um irgendwo ein- oder auszugehen, als beispielsweise nur von Raum zu Raum oder das Betreten oder Verlassen eines Hauses.
Meine persönliche Recherche begann ich mit einem Spaziergang durch meine Heimatstadt. Dabei konzentrierte ich mich ausschließlich auf Hauseinfahrten. Die Vielfalt in nur einer Straße empfand ich als ziemlich beeindruckend: Ich fotografierte über 50 Hauseingänge, Türklinken oder Türknäufe. Ein Türgriff kann eine Menge verraten. Nicht selten kann man zum Beispiel anhand seiner Form erkennen, was für ein Geschäft man betritt.
Meine Bäckerei nebenan hat einen brezelförmigen Türgriff, die Lotterie ein Lottozeichen als Knauf. Was meine Aufmerksamkeit zusätzlich erregte, waren Türknäufe aus Messing. Denn je öfter ein Messingknauf benutzt wird, desto goldener und glänzender wird seine Oberfläche. Wird er seltener berührt, ist seine Oberfläche matt und dunkel.
Ein gutes Beispiel dafür sind mit Messingknäufen bestückte Flügeltüren. Aufgrund ihrer glänzenden Optik wird deutlich, auf welcher Seite der Ein- und auf welcher Seite der Ausgang ist.
Der Türgriff für die Tasche
Bevor es für mich in die Entwurfsphase ging, fasste ich den physischen Vorgang beim Öffnen einer Tür zusammen: Die Entriegelung der Tür durch das Drehen eines Schlüssels, das Herunterdrücken einer Klinke und das dagegen-Drücken mit dem eigenen Körpergewicht. Um den Mechanismus der Entriegelung besser nachvollziehen zu können, baute ich einen Schlosskasten nach. Dabei fiel mir auf, dass ein Schlosskasten immer zwei Mechanismen beinhaltet: Einen für den Griff und den anderen für das Schloss. Der Gedanke, diese beiden zu kombinieren, führte mich zu meinem endgültigen Entwurf händy.
Mir gefiel die Idee, dass man den Griff im Grunde bei sich trägt und die Tür nur noch mit einem Schlüsselloch versehen sein müsste. Inspiriert von einem Schlüsselbund, einem Taschenmesser und einem Ring entwickelte ich drei Prototypen, um meine Idee, Griff und Schlüssel zu kombinieren, real werden zu lassen.
Letztlich konzentrierte ich mich auf das Ringmodell. Der erste 3D-Druck des Modells war mit 8cm Umfang zu groß und unhandlich. Ich komprimierte ihn auf 6cm Umfang und empfand diese Größe als bequem für die Hand.
Einer für alle
händy ist so entworfen, dass es alle Schritte des Türöffnens in einem einzigen Vorgang zusammenfasst. Die Idee ist, den Ring zu einem Knopf aufzuklappen, wobei der Schlüssel, der am Ring hängt, eingezogen wird, so dass er einsatzbereit ist.
Als wir uns mit Otl Aicher und den vielen verschiedenen Arbeiten von ihm beschäftigten, ist mir ein Teil, der in "Begreifen Mit Hand und Auge, die Sprache der Hände (FSB, 2005)" erschienen ist, im Gedächtnis geblieben:
"wenn sich die hand nicht nur beim arbeiten, sondern auch beim spielen öffnen kann, wenn sie durch berührung wahrnimmt, dann wird sich auch der geist freier öffnen. mit der hand zu fühlen heißt, im gedanken zu formen. der begriff ist das, was begriffen wird."