Remisenpavillon, Affinghausen

Wirth Architekten

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Architektur als Eröffnen von Möglichkeiten

Viele Gebäude sind architektonisch genau auf ihre Aufgabe und Bestimmung zugestrickt. Das klassische Einfamilienhaus besitzt drei Schlafzimmer, für Eltern und zwei Kinder, Wohnzimmer, Esszimmer, Küche, Bad. Keiner dieser Räume lässt sich im Normalfall flexibel umnutzen.

Mit Recht wird eine solche so spezifisch zugeschnittene Architektur heute immer häufiger kritisiert. Und ein Glück gibt es die erfreulichen Gegenbeispiele: Gebäude, die Möglichkeiten eröffnen, anstatt sich und die Nutzenden festzulegen. Ein solches Beispiel ist der Remisenpavillon von Wirth Architekten, der eigentlich als bloße Garage in Auftrag gegeben worden war.

Für einen solchen architektonischen Wurf ist Offenheit gefragt, von den Bauherr:innen wie von den Architekt:innen. Das Vertrauen der Bauherren in ihre Arbeit sei die Grundlage für den Erfolg dieses Projekts gewesen, berichten die Architekt:innen. Ein Projekt, in dem es um gute, individuell gedachte Lösungen ging und Grundlegendes immer wieder auf dem Prüfstand stehen durfte. So war der Bauantrag bereits eingereicht, als den Architekt:innen klar wurde, dass der Bau in seiner Dachform nicht den Giebeldächern des Bestands nacheifern sollte. Mit dem realisierten Flachdach fügt er sich als monolithisches Volumen selbstverständlich in das bestehende, norddeutsche Bauernhofensemble ein, ohne das etablierte Gleichgewicht zu stören.

Der Neubau ist klar als neuer Teil erkennbar, nimmt das Ensemble aber in dessen Materialien und Baulinien auf, sodass eine neue Einheit entsteht. Wer sich auf der Landstraße dem Hof nähert, sieht nun als erstes den kubischen Bau des neuen Remisenpavillons, der, am äußeren Eck des Grundstücks in Richtung Straße orientiert, gewissermaßen als dessen markante Visitenkarte fungiert. Kommt man näher, entdeckt man die filigrane Bauweise des Gebäudes. Zwischen den tragenden Ziegelpfeilern sind die Wände als perforiertes Sichtmauerwerk ausgeführt.

Architektur und Objekt

© JUNG.DE Fotograf: Markus Eichelmann

„Die Liberalität der Bauherrschaft hat uns ermöglicht, den pauschalen Normenwahnsinn zu überspringen und stattdessen mit motivierten Ingenieuren und Handwerkern eigene Lösungen zu suchen“, erklärten die Architekten.

Ein Bau für unterschiedliche Atmosphären

Saison zu den unterschiedlichsten Nutzungen einladenden Geniestreich beantwortet. Der Remisenpavillon dient in der kalten Jahreszeit dem Lagern und Hacken von Brennholz – die Perforierung des Mauerwerks sorgt dabei für gute Belüftung. Selbstverständlich dient der Bau bei Bedarf auch dem Abstellen von Autos, oder, aufgrund seiner Höhe gar von Traktoren. Im Sommer, wenn er leer ist, entwickelt er eine vollkommen andere Dimension. Mit weit offenen Holztoren und langer gedeckter Tafel wird die Garage zum perfekten Ort für Gartenparties. Das gelochte Mauerwerk strahlt am Abend nach außen und weist den Ankommenden den Weg. Dennoch ist das Innere immer vor Blicken geschützt. Auf die Materialität, auf deren Nachhaltigkeit und Geschichte wurde besonderes Augenmerk gelegt.

Die Ziegel stammen aus der Nachbarschaft von einem abgebrannten Gebäude, wurden gereinigt und wiedergenutzt. Die Eichentore sind aus dem Holz einer Eiche aus der Umgebung, die viele Jahre zuvor vom Blitz getroffen und abgestorben war. Ein Sturm blies sie schließlich um und so bekam ihr Holz im Remisenpavillon ein zweites Leben.

Die schweren zweiflügeligen Eichentore öffnen sich mit FSB-Klinken von Hans Kollhoff. Das Modell FSB 1163 wurde in Bronze verbaut, weil die Architekt:innen ein Metall suchten, das im gleichen Maße altert wie das Eichenholz der Türen. Seit der Fertigstellung sind mittlerweile fast 5 Jahre vergangen und der Farbton von Holz und Metall hat sich laut Architekt:innen in ein angenehmes Dunkelgraubraun gewandelt.

Gleichzeitig schätzen die zwei Brüder von Wirth Architekten auch, dass auf den bronzenen Klinken nicht nur die Zeit, sondern auch die Nutzung ihre Spuren hinterlässt. Nicht nur das Eichenholz mit seiner Maserung trägt unterschiedliche Farbtöne, auch die Griffe werden an den abgegriffenen Stellen heller und blanker und verleihen dem Material so Lebendigkeit. „Die Klinken drängen sich nicht auf und werden Eins mit dem Gebäude. Wenn man sie sieht und berührt, merkt man aber den sorgfältigen Entwurf, die gute Verarbeitung und das wunderbare Material“, so die Brüder. Flächenbündig eingebaut, werde den Klinken und dem Schlüsselschild eine zusätzliche handwerkliche Dimension verliehen, die die Präzision und das Können des Handwerkers beim Einbau zeigt.

Objektdetails

Fotos: © Christian Burmester, Visual Stories

Standort

Remisenpavillon

Bergstraße 48
27257 Affinghausen

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