Haus F, Kimratshofen

Thomas Fabrinsky

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Wenn Erhalten nicht geht

Erhalten, Wiederverwerten, Umnutzen – das sind die großen Stichworte der Zeit. Aber manchmal, geht es einfach nicht, auch wenn großer Wille da ist. Manchmal ist in der Zwischenzeit zu viel passiert. Dann geht eine lange Baugeschichte mit einem Rückbau zu Ende, wie Architekt:innen gerne einen Abriss nennen. Die Architekt:innen des Büros Thomas Fabrinsky scheinen wahrlich den Wunsch gehabt zu haben, das einst als Pferdestall der Post gebaute Gebäude zu bewahren. Direkt neben der bis heute erhaltenen Alten Post in Kimratshofen im Jahr 1907 erbaut, wurde das Gebäude vom Stall zum Gesindehaus, dann als normales Wohnhaus und schließlich in den 1980er Jahren als Autowerkstatt genutzt.

Die Architekt:innen fanden beim Aufräumen Achsen, Auspuffanlagen, Automotoren… Als alles geräumt war, stellte sich die Substanz als nicht verwertbar heraus. Die denkmalgeschützte Alte Post wird heute noch als Gasthaus genutzt. Auf dem schmalen Nachbargrundstück haben die Architekt:innen ein modernes kleines Wohnhaus erbaut, das in seiner reduzierten Formensprache und Materialität Rücksicht auf den historischen Nachbarn nimmt.

Alles ist zurückgenommen. Die Kubatur des Hauses ist einfach, gradlinig und folgt einem schmalen, langgezogenen, rechteckigen Grundriss. Der Weg auf das Grundstück verläuft am Rande des kleinen Vorgartens.

Man erreicht das Haus an dessen Südseite unter einer nach vorne hin kaum wahrnehmbaren Überdachung, die sich, in schwarz gehalten, zur ebenfalls schwarzen Außenhaut des Gebäudes fügt. Zwischen alter Hainbuchenhecke und Lavendelstauden begeht man das Grundstück auf einem Kiesweg. Auf der anderen Seite wird der Garten, zeitgemäß und pittoresk zugleich, gerahmt von gestapeltem Holz in einer modernen rechteckigen Konstruktion aus gerostetem Stahl.

Architektur und Objekt

Foto: © Thomas Fabrinsky

"Das Haus selbst ist als Hybrid konzipiert, das heißt, ein massives Inneres aus Beton wird von einem leichten Äußeren aus Holz ummantelt. Die traditionelle Holzfassade wird zeitgemäß interpretiert und mit maximaler Zurückhaltung schwarz beschichtet", so Thomas Fabrinsky.

Traditionelle Holzfassade mit Betonkern

Von außen zeigt sich das Wohnhaus als Kombination aus weiten offenen Glasflächen und geschlossenen Partien in geschwärztem Holz. Im Inneren offenbart sich die hybride Konzeption des Baus. Hier tritt die massive, konstruktive Ebene aus Beton zu Tage. Sie beschränkt sich auf eine innenliegende Struktur aus Decke/Dach, Zwischenwänden und bewusst gesetzten Ständern, die allesamt sichtbar und unverputzt blieben. Der helle Sichtbeton wird ergänzt durch helles, roh belassenes Weißtannenholz, das die Ummantelung des Hauses bildet und als Dielung den Bodenbelag. Die Architektur ist reduziert auf wenige Details und verlässt sich ganz auf die Wirkung und Atmosphäre der ausgewählten Materialien. Das helle Holz und der helle Beton kontrastieren mit wenigen schwarzen Möbeln und Details. Der Grundriss ist offen, die Wohnbereiche gehen fließend ineinander über. Mittig im langgezogenen Grundriss stehende Wände öffnen die jeweiligen Zonen beidseitig zu den angrenzenden Bereichen.

Licht spielt eine große Rolle in diesem Haus, das sich stark an den Himmelsrichtungen orientiert. Die Nordfassade ist geschlossen, hier flutet Licht durch ein langgezogenes Oberlicht in den Innenraum. In Richtung Süden öffnen sich die Wohn-, Ess- und Küchenbereiche, während das Schlafzimmer vor zu viel Sonne geschützt wird.

Über Glas-Schiebetüren lassen sich die kurzen Seiten des Hauses nach Osten und Westen komplett zum Außenraum öffnen. So kann der Essbereich zum Vorgarten und das Schlafzimmer zum blickgeschützten Innenhof hin erweitert werden. Helle transluzente, durchgehende Vorhänge lassen sich rund um das Haus vor die Fensterpartien ziehen und erzeugen im Inneren ein coconartiges Ambiente.

Bei den Griffen haben sich die Architekten um Thomas Fabrinsky für das Modell FSB 1267 entschieden.

Pünktlich zum vielgefeierten Bauhaus-Jubiläum wurde das Modell als Hommage an Mies van der Rohe aufgelegt und vereint dessen Formensprache mit den Anforderungen zeitgenössischer Architektur.

Für die Architekt:innen ist das „formschöne, selbstverständliche und unaufgeregte“ Modell ein Handschmeichler. Auch im Detail der Griffe liegt das Augenmerk also auf der haptischen Wirkung von Form und Material. Die Griffe folgen der ruhigen reduzierten Designsprache des gesamten Hauses. Im Inneren sind sie in Schwarz gehalten. Nur die Griffmuscheln auf den schwarzen Türen sind in Edelstahl verbaut, um markant und sichtbar zu bleiben. So fügen sich manche Griffe fast unsichtbar in die Architektur, während sie an anderen Stellen Akzente setzen.

Objektdetails

Fotos: © Rainer Retzlaff