Neue Architektur für den Schulbau

Lernraum ist Lebensraum

16.07.19

Text: Katharina Sommer

Wie baut man Schulhäuser, die auch Jahrzehnte später noch funktionieren? Die pädagogischen Konzepte verändern sich und stellen immer wieder neue Anforderungen an die Architektur. Die muss also mit Flexibilität reagieren. Dazu ist nicht unbedingt mehr Fläche notwendig – denn die ist gerade in Ballungszentren rar. Es braucht eine clevere Raumaufteilung, die verschiedenen Anforderungen gerecht wird.

Seit einigen Jahren werden zunehmend Schulbauten und -sanierungen realisiert, in denen pädagogische Konzepte stärker in die Architektur miteinfließen. Frontalunterricht in den lange üblichen Flurschulen gilt schon länger als veraltet. Lernraum soll heute zum Lebensraum werden.

Gelernt wird daher in sogenannten Lernlandschaften oder nach dem Lernhauskonzept, um nur zwei von zahlreichen Modellen zu nennen, die auf offene Unterrichtsformen ausgelegt sind. Schüler:innen und Lehrkräfte können dabei aus unterschiedlichen Lernumgebungen wählen, die vom Gruppenraum bis zum Stillarbeitsplatz reichen und nach Bedarf kombiniert werden können.

Kurz vor Fertigstellung: die Erweiterungsbauten für die Gemeinschaftsschule Campus Rütli Berlin von Schulz und Schulz Architekten aus Leipzig. Wie in mehreren anderen Projekte setzen sie auch hier die besonders für die Schulbau geeignete Drückerfamilie FSB 1232 ein. (Foto: © Gustav Willeit)

Umgesetzt haben dies beispielsweise die Solothurner Architekt:innen Ern+Heinzl in ihrem Erweiterungsbau einer Grundschule im Schweizerischen Kestenholz. Dort ersetzten sie ein Gebäude aus den 1950er-Jahren durch einen dreigeschossigen Monolithen in Sichtbeton, der mit den Bestandsbauten einen Schulhof fasst. Auch innen zeigt sich das Haus schlicht. Sichtbeton kontrastiert mit Einbauten aus Eichenholz, für Garderoben, Schränke und tiefe Fensterlaibungen, die als Sitzgelegenheit dienen.

Die Schulräume funktionieren sowohl im klassischen Sinn, lassen sich aber auch zu größeren Einheiten zusammenschalten. Verbunden werden sie über helle Foyers, die sich durch ihre Größe ebenfalls für schulische Aktivitäten anbieten. Der Flur erhält damit eine neue Funktion. Er dient nicht mehr nur der Erschließung und als Fluchtweg, sondern bildet einen weiteren Lernbereich. Wie dies funktionieren kann, zeigen Peck.Daam Architekten bei der Erweiterung einer Grundschule in Puchheim bei München.

Den zu klein gewordenen Schulkomplex aus den 1960er-Jahren erweiterten sie um einen dreigeschossigen Bau. Darin gruppieren sich je vier Klassenräume um einen sogenannten Marktplatz, der dank flexibler Möblierung unterschiedliche Nutzungen zulässt. Großflächige Verglasungen stellen den direkten Sichtbezug her. So können Lehrkräfte die Schüler:innen im Blick behalten, auch wenn sich diese gerade in einem anderen Raum aufhalten.

Bild 1 von 11: Die Erweiterung einer Grundschule im Schweizerischen Kestenholz von den Architekten Ern+Heinzl
(Foto: Stefan Josef Müller)

Bild 2 von 11: Der schlicht-monolithische Neubau fasst zusammen mit dem Bestand den Schulhof.
(Foto: Stefan Josef Müller)

Bild 3 von 11: Die Klassenräume lassen sich zu größeren Einheiten zusammenschließen. (Foto: Stefan Josef Müller)

Bild 4 von 11: Ein weiteres Beispiel für zeitgenössischen Schulbau: die Erweiterung eine Grundschule in Puchheim bei München von Peck.Daam Architekten.

Bild 5 von 11: Auch hier setzten die Architekten aktuelle pädagogische Konzepte räumlich um. Je vier Klassenräume gruppieren sich zu einem sogenannten Marktplatz.

Bild 6 von 11: Bei der Grundschule Forum Thomanum in Leipzig von W&V Architekten sind die Räume ebenfalls nicht auf Frontalunterricht ausgelegt, sondern erlauben eine flexible Nutzung. (Foto: W&V Architekten)

Bild 7 von 11: Grundschule Forum Thomanum in Leipzig von W&V Architekten (Foto: W&V Architekten)

Bild 8 von 11: Grundschule Forum Thomanum in Leipzig von W&V Architekten (Foto: W&V Architekten)

Bild 9 von 11: Die Erweiterungsbauten für die Gemeinschaftsschule Campus Rütli Berlin von Schulz und Schulz Architekten (Foto: © Gustav Willeit)

Bild 10 von 11: Gemeinschaftsschule Campus Rütli Berlin von Schulz und Schulz Architekten (Foto: © Gustav Willeit)

Bild 11 von 11: Gemeinschaftsschule Campus Rütli Berlin von Schulz und Schulz Architekten (Foto: © Gustav Willeit)

Auf diese Weise sollen Schüler:innen zu mehr Selbstbestimmtheit und Eigenständigkeit befähigt werden. Doch eine solch große Freiheit bei der Nutzung und Aufteilung der Räume verlangt zugleich nach einer klaren Grundrissstruktur und gestalterischer Ordnung. Dass dies keinesfalls eintönig wirken muss, belegen W&V Architekten mit der Grundschule Forum Thomanum in Leipzig. Den Bestandsbauten fügten sie einen dreigeschossigen, kompakten Kubus mit verglastem Erdgeschoss hinzu.

Über eine hellbeige Putzfassade passt sie ihn dem benachbarten Gründerzeitbau an. Im Innern dominieren unterschiedliche helle, zurückhaltende Pastelltöne. Dazu wurde eine schlichte Möblierung gewählt. Wie bei den zuvor erwähnten Projekten sind die Klassenräume, die sich u-förmig um eine mehrgeschossige Halle legen, auch hier nicht auf Frontalunterricht ausgelegt, sondern erlauben eine flexible Nutzung. Die Kultusministerkonferenz schätzte den Anstieg der Schüler:innenzahl in Deutschland im letzten Jahr von 2016 bis 2030 auf knapp 300.000.

Der Bedarf an weiteren Schulen ist also groß. Und ebenso groß sind die Möglichkeiten, neue Konzepte zu wagen. Damit weniger die Architektur als Objekt, sondern vielmehr die großen und kleinen Nutzer:innen in den Fokus rücken.

Für die speziellen Anforderungen im Schulbau hat FSB einen besonderen Drücker entwickelt, das Modell FSB 1232. Er erfüllt alle Auflagen zur Verletzungsvermeidung und besticht dennoch mit einem geradlinigen, kantigen Design.