Kalifornische Moderne in Kleinmachnow
Kappe Architects
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Der Berliner Möbelhändler und Mid-Century-Experte Lars Triesch hatte sich in das Wohnhaus des kalifornischen Architekten Ray Kappe verliebt. Ohne ein Baugrundstück zu haben, rief Triesch 2017 beim damals 89-jährigen Raymond „Ray“ Kappe an und fragte, ob er ihm ein Einfamilienhaus entwerfen würde. Der Architekt sagte zu.
1967 fertiggestellt, ist die Kappe Residence von einer Architektur der klaren Linien geprägt, die sich organisch in die Natur und Topografie seiner Umgebung einbettet. Sechs Betontürme stützen eine offene Struktur aus Glas und kalifornischem Rotholz, sodass Umgebung und Innenraum kaum trennbar sind und das offene Raumgefüge von Licht geflutet wird. „Ray Kappes eigenes Wohnhaus, entstanden für seine Familie in Pacific Palisades, war für mich so etwas wie der heilige Gral“, so Bauherr Lars Triesch zu seiner Inspiration für das Projekt in Kleinmachnow.
Die Grundstückssuche in Berlin gestaltete sich jedoch schwierig. Kappe Architects, heute geführt von Ray Kappes zwei Söhnen, bauen Flachdächer, wie sie an vielen Orten in und um Berlin nicht zugelassen sind. Fündig wurde die Familie Triesch jedoch in Kleinmachnow, südwestlich von Berlin, wo Flachdächer zum Stadtbild gehören. Zwischen 1932 und 1934 baute Hermann Henselmann hier gleich mehrere moderne Wohnhäuser, Walter Gropius baute 1933 das Haus Bahner und auch ein Frühwerk von Egon Eiermann aus den Jahren 1934/35 steht in Kleinmachnow.
Besonders dank seiner Südausrichtung gelingt die Einbettung der kalifornischen Architektur ins brandenburgische Umland: „Man hat den ganzen Tag Sonne auf dem Grundstück“, so der Bauherr, und die fällt nun durch die großen Fensterflächen ins Innere des rund 300m² Wohnfläche fassenden Einfamilienhauses.
Als Ray Kappe 2019 starb, war der Entwurf für sein erstes Gebäude außerhalb der USA fertig. Den Bau hat er nicht mehr erlebt. Die Konstruktion, bestehend aus zwei Betonpylonen und Leimbindern, orientiert sich an der für Kappe typischen geradlinigen, klaren und offenen Holzbauweise. Ein tiefer Balkon, ein überstehendes Flachdach und eine strukturierte Fensterfront gestalten die Fassade. Der offene Innenraum verbindet nicht nur einzelne Wohnbereiche, sondern auch beide Stockwerke miteinander, ein Oberlicht flutet das Zentrum des Hauses mit Licht.
„Beide Materialien haben diese warme, weiche Farbigkeit und zeichnen sich durch ihre ständige Veränderlichkeit aus. Die natürliche Patina der Bronze und die Oberfläche des Holzes wirken lebendig und dynamisch und verleihen dem Haus eine besondere Wertigkeit und Identität.“
- Lars Triesch
In einem „Gallery Space“ stehen auch Reproduktionen von Kappes Möbel-Unikaten aus amerikanischer Roteiche, von denen Triesch bei einem Besuch des Architekten in Kalifornien Maß nahm und sie mittlerweile mit seinem Unternehmen "Original in Berlin" unter Lizenz verkauft. Dem modernen Hausbau fügt sich FSB 1267, der Türdrücker nach Entwürfen von Mies van der Rohe, perfekt.
So wie das kalifornische Rotholz nachdunkelt, entwickeln auch sämtliche Drücker und Muscheln aus Bronze eine Patina, an manchen Stellen mehr, an anderen weniger – wie es Routinen oder auch Eigenarten eben vorgeben. Die Farbigkeit der Bronze setzt dabei das Leuchten des kalifornischen Rotholzes fort, welche die Wärme des einzigartigen Hauses bestimmt.
Mit der Triesch Residence in Kleinmachnow stellt sich auch die Frage, ob gute Architektur tatsächlich ständig neu erfunden werden muss oder man sich nicht doch zuversichtlicher auf die berechtigen Erfolge zumindest jüngerer Architekturgeschichte zurückbesinnen darf.
Objektdetails
Fotos © Philipp Jester