Lokschuppen, Mannheim

Jarcke Architekten

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Gründerzeiten zwischen Bahn und Büro

Ein Platz zwischen zwei historischen Bahngebäuden wird zum lebendigen Zentrum im neu entwickelten Glückstein-Quartier in der Nachbarschaft des Mannheimer Hauptbahnhofs. Die in den 1870er Jahren als Lokschuppen und Werkstattgebäude errichteten Gebäude zählen zu den ältesten Bestandteilen des alten Bahnhofs und werden nun als Teil der gemischten Nutzung des neuen Viertels reaktiviert. Während das Werkstattgebäude gastronomische Funktion übernehmen wird, hat sich im restaurierten Lokschuppen bereits 2018 das Büro von Architekt Matthias Jarcke eingerichtet. Zuvor hat das Büro selbst die Sanierung und Umnutzung des denkmalgeschützten Baus übernommen. In seiner Form eine einfache Halle, zeichnet sich der Lokschuppen durch seine Fassade aus regelmäßig gemauertem Buntsandstein aus. Die langen Seiten werden durch Sandstein-Lisenen klar strukturiert.

In Richtung Norden geben zwischenliegende Fenster den Blick auf den Mannheimer Bahnhof frei. An beiden Giebeln öffnen drei große ehemalige Ein- und Ausfahrtstore den Bau, mittig über ihnen ein symmetrisch gesetztes Rundfenster. Am Ortgang ziert Stufenornament den Giebel. Die sichtbare Dachkonstruktion mit ihren vielzähligen Holzbalken sorgt im Inneren des umgenutzten Baus auch nach der Renovierung für Altbau- und Industrie-Charme. Das lange Oberlicht im Firstbereich speist die Räume mit Tageslicht. Der Lokschuppen stammt aus den Anfangstagen der Mannheimer Eisenbahngeschichte. Ursprünglich wurden hier auf drei Ständen mit 50 Metern Länge Dampflokomotiven gewartet. Gleise führten durch die langgezogene Halle. Die gemauerten Längsgruben, von denen aus die Wartungsarbeiten von unten durchgeführt werden konnten, sind heute noch erkennbar.

Für die Ein- und Ausfahrt der Loks wurden die großen Stahltore an den Giebelseiten geöffnet. Der Bau war einer der ersten Gebäude im seinerzeit weitgehend noch unbebauten Stadtteil Lindenhof, wo derzeit der Aufbau des Glückstein-Quartiers in vollem Gange ist. So übernahm er damals, neben seiner technischen Rolle auch ganz alltägliche Funktionen für die rasch steigende Zahl der Einwohner des jungen Viertels. Da es noch keine Wasserversorgung gab, mussten die Lindenhofer Bürger:innen ihr Trinkwasser einmal in der Woche am Brunnen im Lokschuppen holen.

„Wir wollten die Spannung zwischen der modernen Architektur und der alten, rauen Hülle erhalten“, so Architekt Matthias Jarcke zum Ansatz des Büros.

Alte Mauern, neuer Anspruch

Der Wunsch der Architekt:innen war es, bei ihrer Umnutzung das geschützte Kulturdenkmal, das für den Stadtteil von so gewichtiger Bedeutung war, bestmöglich zu erhalten. Einerseits geht es dabei natürlich um ein Stück gebaute Industriegeschichte. Andererseits ging es dem Architekten natürlich auch um den bestmöglichen Raum für sein Büro. Um einen inspirierenden Ort für die kreative Arbeit zu schaffen, schien ihm die Spannung zwischen moderner Architektur der Innenräume und der „alten, rauen Hülle“ des Lokschuppens genau das richtige. Sein Konzept orientiert sich am offenen Hallencharakter des Bestands und integriert unter anderem mit der sichtbaren Dachkonstruktion mit ihrem Holztragwerk auf Stützpfeilern den industriellen Kern der ursprünglichen Architektur. Zwei Jahre benötigte das Team um Matthias Jarcke für die behutsame Revitalisierung des Lokschuppens.

Vorsichtig reinigte man Sandstein-Mauerwerk und Holzbalken und konnte die Substanz so komplett bewahren. Die immensen eisernen Tore vor den Einfahrten zum Lokschuppen wurden ebenfalls restauriert. Doch trotz aller Umsicht dem denkmalgeschützten Bestand gegenüber war es den Architekt:innen, die ja auch die neuen Nutzer des Hauses sind, selbstverständlich wichtig, alle zeitgemäßen Ansprüche an ein heutiges Bürogebäude zu erfüllen. Das beeindruckende Oberlicht im Dachstuhl beispielsweise wurde durch eine moderne Lamellen-Verglasung ausgetauscht und sorgt so in den Räumen für gefiltertes Licht, das besonders angenehmes Arbeiten ermöglicht. Für mehr Bürofläche in der hohen Halle sorgt eine, in Teilen des Gebäudes eingezogene Zwischendecke, die im Zentrum des Gebäudes viel vom ursprünglichen Freiraum lässt.

Jarcke Architekten stehen nun insgesamt 800 qm Nutzfläche zur Verfügung. Dem Entwurfsgedanken folgend, wurden alle im Innern verwendeten Bauteile und Materialien – wie beispielsweise die Griffe – sehr zurückhaltend in ihrer eigenen Ausdrucksform und in ihrem Material gewählt. Als Griffe, die zeitgemäß in Form und Technik sind, und sich dabei dennoch gut in Baudenkmalsituationen einfügen, ohne sie zu stören, haben sich die Architekt:innen das Modell FSB 1244 entschieden. In gestrahltem Aluminium und schwarzer Eloxierung sind sie als Fenstergriffe, WC-Garnitur, Rahmentür- und Schutzbeschlag, Türdrückergarnitur und an den neuen Glastüren in den beeindruckenden großen Einfahrtstoren als Glastürbeschlag verbaut.

Objektdetails

Fotos: Daniel Vieser

Standort

Lokschuppen und Werkstattgebäude

Glücksteinallee 41
68163 Mannheim

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