Leseprobe

Das Buch „Türklinke FSB 1144 von Jasper Morrison“

24.01.20

Text: Jasmin Jouhar

Der junge Mann auf dem Foto schaut uns an. Er sitzt am Tisch, das Kinn in die rechte Hand gestützt, den Kopf so zur Seite geneigt, dass das rechte Auge verschattet ist. Das linke tritt umso klarer hervor. Vor ihm auf dem Tisch wie achtlos abgelegt ein Gegenstand aus Metall. Was für eine selbstbewusste Erscheinung!

Als das Foto in einer Anzeige des deutschen Beschlagher- stellers FSB Franz Schneider Brakel veröffentlicht wird, ist Jasper Morrison gerade einmal Anfang dreißig, seinen Namen kennen allenfalls Insider. Das Metallobjekt vor ihm auf dem Tisch ist sein erster Auftrag aus der Industrie, eine Türklinke namens 1144. Und doch wirkt er auf dem Foto so souverän, als wüsste er schon, was für eine erfolgreiche Karriere als Möbel- und Produktdesigner auf ihn wartet.

Die Werbeagentur muss das auch gespürt haben, denn sie legt ihm den nicht gerade bescheidenen Satz „Ich hoffe es gefällt Ihnen, vor allem hoffe ich, dass Sie es kaufen!“ in den Mund. Und stellt seine Person ins Zentrum der Anzeige, während Informationen über das Produkt und das Logo des Herstellers ganz klein nach unten an den Rand rücken.

Die Türklinke FSB 1144 von Jasper Morrison
(Foto: Hans Hansen)

Anzeige für die Produktfamilie FSB 1144 mit einem Porträt Jasper Morrisons vom Fotografen Timm Rautert

FSB präsentiert den Entwurf von Jasper Morrison im Frühjahr 1990 als Neuheit auf der Internationalen Eisenwarenmesse in Köln. 1144 besteht aus Aluminium und umfasst eine ganze Produktfamilie. Neben der Klinke gibt es auch einen Fenstergriff, einen Rahmentürdrücker, je einen Wand- und Bodentürpuffer, einen Hut- und Mantelhaken, einen Tür- und einen Möbelknopf.

Der Klinke hat Jasper Morrison zwei Gesichter gegeben: Die Front ist keilförmig, die Handhabe läuft in einer breiten, flachen Rundung aus – je nach Perspektive tritt wie bei einem Kippbild mal die eine und mal die andere Ansicht in den Vordergrund.

Dass das Design dennoch harmonisch wirkt, liegt an den geschickt miteinander verschränkten Linien und Flächen, die bruchlos ineinander übergehen und der Klinke so etwas Schwungvolles verleihen.

Skizzen von Jasper Morrison aus dem Entwurfsprozess von FSB 1144

Das Programm FSB 1144 erweist sich schnell als Erfolg, 1991 wird es mit dem Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet, 1992 folgt der Bundespreis Produktdesign, das Industrieforum Hannover kürt es zudem zu einem der zehn besten Produkte des Jahres; überreicht wird der Preis vom damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten und späteren deutschen Kanzler Gerhard Schröder.

Die deutsche Wirtschaftszeitung Handelsblatt schreibt anlässlich der Preisverleihung: „ein Autoren-Design bester zeitgenössischer Provenienz ..., das alle Aussichten hat, über den kleinen Zirkel der Design-Freaks hinaus ein Massenpublikum anzusprechen.“

Auch international wird der Entwurf wahrgenommen, im Februar 1991 erscheint in der Londoner Times ein vierspaltiger Artikel über Morrison mit dem Titel „A door handle on the future“, der die Zusammenarbeit mit FSB ausführlich beschreibt. Die italienische Architektur- und Designzeitschrift Domus stellt die Produktfamilie 1144 im Sommer 1992 vor. Der britischen Journalistin und Designexpertin Alice Rawsthorn gilt der Entwurf nur fünf Jahre nach dem Launch bereits als Klassiker.

Fax von Jasper Morrison an FSB mit einer Skizze für eine Rahmentürklinke, 1990

Musterkoffer mit der Produktfamilie FSB 1144. Der Koffer ist ein Entwurf des deutschen Designers Peter Raacke

Lesen Sie den ganzen Text in dem neuen Band aus der Reihe Designklassiker des Verlags Form

Jasmin Jouhar
Türklinke FSB 1144 von Jasper Morrison
Form Verlag Frankfurt, 2019

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