FSB hat das Buch „Begreifbare Baukunst“ neu aufgelegt

Architektur en miniature

10.07.18

Geschätzte Lesezeit: 1 Minute, 55 Sekunden - 10. Juli 2018 | Text: Katharina Sommer

Erstmals 2009 herausgegeben und mittlerweile vergriffen, ist die FSB-Publikation „Begreifbare Baukunst. Die Bedeutung von Türgriffen in der Architektur“ kürzlich in einer erweiterten Neuauflage sowie in englischer Sprache erschienen.
Der Katalog zur gleichnamigen Wanderausstellung rückt ein kleines, jedoch keinesfalls unwichtiges architektonisches Detail in den Fokus: die Türklinke.

Gezeigt wird die ganze Vielfalt dieses Gegenstandes, mit einer Auswahl wichtiger historischer sowie zeitgenössischer Türgriffe im Kontext der Architekturen, für die sie entworfen wurden. Meist ist der Türgriff der erste haptische Kontakt, wenn wir ein Gebäude oder einen Raum betreten.

Über seine Gestaltung und Platzierung kann er uns einen ersten Hinweis auf die architektonische Idee geben, die dem Bau zugrunde liegt: Ist er Werkzeug oder Dekoration, präsentiert er sich extravagant oder zurückhaltend, zelebriert er das Öffnen oder ist er ein untergeordnetes Element? Und wie liegt er in der Hand, schwer, leicht, ergonomisch oder sperrig? Lädt er zum Anfassen und Eintreten ein oder erzeugt er Distanz?

FSB hat das Buch „Begreifbare Baukunst“ neu aufgelegt

Erstmals 2009 herausgegeben und mittlerweile vergriffen, ist die FSB-Publikation „Begreifbare Baukunst. Die Bedeutung von Türgriffen in der Architektur“ kürzlich in einer erweiterten Neuauflage sowie in englischer Sprache erschienen. (Foto: FSB)

Es ließen sich noch zahlreiche Fragen dieser Art stellen, woran sich zeigt, ein Türgriff ist nicht nur ein Gebrauchsgegenstand, sondern „Architektur en miniature“, wie Bettina Rudhof in der Einleitung des Katalogs schreibt. Der Auslöser für diese Auseinandersetzung mit dem Thema Türgriff war vor einigen Jahren eine Anfrage des Berliner Architekten Paul Kahlfeldt an FSB.

Für den Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie in Berlin war er auf der Suche nach Schinkels historischen Beschlägen. Die gemeinsame Recherche führte schließlich zu der Idee, Türgriffe zum Thema einer eigenen Ausstellung zu machen. Der begleitende Katalog kann zwar nicht das haptische Erlebnis der Ausstellung bieten, wartet dafür aber mit einer fein kuratierten Auswahl an Griffen auf.

Er lädt ein zu einer Reise durch die Geschichte des Türgriffs, die mit historischen Exemplaren von Karl Friedrich Schinkel, Le Corbusier, Walter Gropius oder Alvar Aalto beginnt und bis zu zeitgenössischen Beispielen führt. Dazwischen erfahren die Leser:innen in kurzen Exkursen, welche Möglichkeiten das Material Metall bietet oder was es mit dem Verschwinden von Gropius Bauhausdrücker auf sich hat. Zudem lernt er die vier Gebote des Greifens von Gestalter Otl Aicher kennen: „Der Daumen sucht stets eine Richtung“.

Eine Doppelseite aus dem Buch: Zu sehen ist links das Projekt „Michelberger Hotel“ des Berliner Gestalters Werner Aisslinger,…

… und rechts der von Aisslinger für das Projekt entworfene Türdrücker FSB 1226.
(beide Abbil­dungen: FSB)

Was in dem kleinen Gegenstand alles stecken kann, lässt die unerschöpfliche Formen- und Designvielfalt erkennen, die das Buch präsentiert.

Da gibt es etwa Ludwig Wittgensteins berühmte, stark reduzierte Türklinke für sein Palais in der Kundmanngasse in Wien, Jasper Morrisons funktionalen Klassiker, die Türklinke FSB 1144, das postmodern bunte Re-Design des Gropius-Griffs von Alessandro Mendini und viele mehr.

Gerade das Entdecken von Referenzen und Neuinterpretationen beim Blättern im Buch bietet einigen Erkenntnisgewinn und zeigt, dass das Formenrepertoire im Türgriffdesign noch lange nicht erschöpft ist.

Bild 1 von 8: Das Buch zeigt jeweils ein Gebäude mit der dazugehörigen Klinke und stellt die Architekten vor. Hier ist es die Sanierung und Erweiterung der Genter Universitätsbibliothek von Henry van de Velde durch Robbrecht und Daem. (Alle Abbildungen: FSB)

Bild 2 von 8: Für das Projekt hat FSB eigens den von Henry van der Velde entworfenen Türdrücker wiederaufgelegt.

Bild 3 von 8: Der britische Architekt John Pawson hat einen Berliner Bunker für die Kunst- und Möbelsammlung von Désiré Feuerle umgebaut.

Bild 4 von 8: Aus diesem Anlass entwickelte Pawson den Türgriff FSB 1242, der auf den sogenannten Reichsformdrücker Bezug nimmt.

Bild 5 von 8: Kürzlich erst eröffnet: Der Neubau der Mannheimer Kunsthalle von den Architekten gmp von Gerkan Marg und Partner.

Bild 6 von 8: Eine gute Gelegenheit für das Hamburger Architekturbüro, einen eigenen Türdrücker zu entwerfen, das Modell FSB 1244.

Bild 7 von 8: Das Leipziger Architekturbüro Schulz und Schulz ist verantwortlich für den 2016 eröffneten Neubau der Beruflichen Oberschule Regensburg.

Bild 8 von 8: In diesem Haus zu finden: der Türdrücker FSB 1232, den die Brüder Ansgar und Benedikt Schulz speziell für die besonderen Anforderungen im Schulbau gestaltet haben.

Der Katalog kann kostenlos bei FSB bestellt werden und ist erstmals auch in englischer Sprache erhältlich. Schreiben Sie eine E-Mail an Wolfgang Reul von FSB.