Marchivum, Mannheim

Schmucker und Partner

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Die sinnvolle Nachnutzung eines Weltkriegsbunkers

Seit dem letzten Umzug des Mannheimer Stadtarchivs Anfang der 1990er Jahre hatte sich die Sammlung um 6 Kilometer Akten vergrößert. Für den Umzug des Archivs vom nicht mehr tragfähigen Collini-Center in den umgebauten denkmalgeschützten Ochsenpferchbunker mussten also insgesamt rund 13 Kilometer Akten bewegt werden. Seit März 2018 ist das frühere Stadtarchiv unter seinem neuen Namen Marchivum in einem ehemaligen Weltkriegsbunker in der Neckarstadt-West beheimatet. Ein aufsehenerregender Bau, der mit seiner schwierigen Historie als Ort der Stadtgeschichte Mannheims womöglich genau richtig gewählt ist.

"Wir wollten der Masse, Enge und Dunkelheit des Bunkers etwas Leichtes, Weites und Lichtes entgegensetzen", sagt Peter Schmucker vom beauftragten Mannheimer Büro Schmucker und Partner und beschreibt so die zweigeschossige Aufstockung mit ihrer abstrakten mehrschaligen Glasfassade, durch die die Architekt:innen den Betonbunker ergänzt haben. Hier in den zwei lichten gläsernen Geschossen mit Weitblick über Mannheim und den Neckar liegen neben den Mitarbeiterbüros im 5. Stock die neuen öffentlich genutzten Lesesäle und der Vortragsraum im 6. Geschoss.

Dass der Fokus der Öffentlichkeit, aber auch von Förderungen und Bauordnungen heute immer noch in erster Linie auf Neubauten liegt, ist für Schmucker und Partner weder wirtschaftlich noch energetisch sinnvoll. Und während sich viele ratlos gefragt hatten, wie denn eine kluge Nachnutzung so eines Bunkers aussehen könnte, zeigte sich, dass er sich für eine Nutzung als Archiv hervorragend eignet. Die große thermische Masse des Baus schafft es auch ohne energieintensive Technik, die für ein Archiv essentiellen raumklimatisch konstanten Bedingungen herzustellen. Auch ist es kaum vorstellbar, dem hier gelagerten Gedächtnis der Stadt eine sicherere Stätte zu konzipieren.

Architektur und Objekt

Foto: © Christian Dammert Photography

„Einen nationalsozialistischen Bau fasst man als Architekt nicht leichtfertig an, die Auseinandersetzung damit muss sehr differenziert erfolgen“, so Peter Schmucker von Schmucker und Partner.

Ein Haus der Stadtgeschichte mit besonderer Geschichte

Doch der architektonische Eingriff in Gebäude der NS-Zeit ist schwierig. Wie positioniert man sich als Architekt:in gegenüber der Geschichte des Baus? Den Bau ins Heute zu holen, indem man die Bestandsarchitektur gewissermaßen aufhübscht oder übertüncht verbietet sich in so einem Fall. Schmucker und Partner planen mit den Gebäuden nicht gegen sie, denken sich in sie hinein und versuchen sie zukunftsfähig zu machen. Dabei ist es ihnen aber wichtig, in jedem Fall den nötigen Abstand zum Bestand zu halten – „Wir vervollständigen ihn nicht, sondern addieren hinzu.“ So steht heute das Neue neben dem Alten, hält Abstand, aber schließt sich dennoch zu einem Gefüge mit eigenem Charakter.

Interessanterweise gab es bereits zu Zeiten des Dritten Reichs eine Planung für die Nachnutzung des Ochsenpferchbunkers nach Kriegsende. Die markante vertikale Bänderung des Baus, die heute erlebbar geblieben ist, sollte als Auflager einer nachträglichen Verkleidung mit Natursteinplatten dienen und der Bunker so zur steinernen Ordensburg werden. Der realisierte Umbau ist ein klarer Schnitt, der leichte und transparente Aufsatz ein deutlicher Kontrast zur massiven fensterlosen Bunkerfassade. Heute beginnt der ehemalige Schutzbunker in den beiden untersten Geschossen mit einem Dokumentationszentrum für NS-Geschichte und einem Foyer mit stadtgeschichtlichen Wechselausstellungen. Was könnte sinnvoller sein als Nachnutzung nationalsozialistischer Bauten?

Bei den Griffen haben sich die Architekt:innen von Schmucker und Partner für das Modell FSB 1023 entschieden, das sie durch seine Zeitlosigkeit, Variabilität und Sachlichkeit überzeugt. Als Material wurde Edelstahl gewählt, der übergreifend sowohl in den alten als auch in den neuen Bereichen dieses besonderen Hauses eingesetzt wurde. Edelstahl wirkt neutral in den doch sehr unterschiedlichen Bereichen des Gebäudes und verleiht den Griffen „die angemessene Schwere und Haptik“. „Bei den verschiedenen Anforderungen in einem solchen Projekt bedarf es zwingend einer universell einsetzbaren Serie. Auch die gestalterisch saubere Integration der Zutrittskontrolle ist hier hervorragend gelöst“, so Schmucker und Partner.

Objektdetails

Fotos: Werner Huthmacher

Standort

MARCHIVUM Stadtarchiv Mannheim

Archivplatz 1
68169 Mannheim

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